Kapitel 34 - Liebe
Tränen laufen mir über die Wange. Die ganze Zeit über habe ich Raze kein einziges Mal angesehen. Aus Angst oder Scharm kann ich noch nicht mal so genau sagen, wahrscheinlich beides. Mein Herz fühlt sich an wie in tausend Teile zersprungen. Noch nie in meinem Leben habe ich jemanden soviel über meine Vergangenheit erzählt, nicht mal an nährend. Mein Atem geht schwer und habe das Gefühl keine Luft mehr zu bekommen. Raze sagt kein einziges Wort, weder beim erzählen noch jetzt. Das setzt mir noch mehr zu, da ich nicht weiß wie er jetzt darüber denkt. Endlich überwinde ich mich ihn an zu sehen und quäle mir ein trauriges Lächeln ab. An seinem Blick merke ich das er sprachlos ist, was mich wenigstens etwas beruhigt, weil er nicht angewidert oder verschreckt wird. »Schon gut, du musst dazu nichts sagen. Ich wollte es dir einfach nur sagen, jetzt weißt du es. « So langsam beruhige ich mich wieder und ich kann mir getrost die Tränen vom Gesicht wischen, ohne Angst zu haben das neue nachkommen. Raze nickt und sieht leicht dankbar an, wahrscheinlich weil er nichts dazu sagen muss. »Wie geht es dir jetzt? « Wackelig stehe ich auf und streiche mir dann die Sachen glatt. »Ach, ich komm schon klar. «, sage ich schniefend. Raze steht nach mir auf und stützt mich ein bisschen am Ellenbogen, wahrscheinlich weil er bemerkt hat das ich etwas wackelig auf den Füßen bin. »Bist du dir sicher? « Ich werfe ihm ein beruhigendes Lächeln zu. »´Ja, meine Wunden mach mich nur mal wieder etwas zu schaffen. Danke das du zugehört hast. « Er sieht mich an. In seinen Augen sehe ich, das es für ihn nie zur Debatte stand mir nicht zuzuhören. »Du solltest dich ein bisschen hinlegen. Ein normaler Mensch würde mit diesen Wunden lange im Koma liegen, selbst für ein übernatürliches Wesen ist es nicht gut sich so zu belasten. « Ich grinse ihn an, was mich echt überrascht. Nie im Leben hätte ich gedacht das ich so schnell wieder Lächeln könnte nach dem was ich ihm grade erzählt habe. »Ich sage es dir ja nur ungern, aber ich habe im Badezimmer schon geschlafen. Mir geht es gut, mach dir nicht so viele Sorgen. « Raze streckt eine Hand nach mir aus und streicht mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich spüre seine Berührung an meinem Ohr. »Die mach ich mir doch immer, davon abgesehen ist es dreiundzwanzig Uhr und wir hatten einen miesen Tag und der morgen wird nicht gerade besser. Also sollten wir ausgeschlafen sein, du solltest ausgeschlafen sein. « Es fühlt sich an als würde Strom durch meinen Körper fließen. Wie er mit mir reden, wie er mich berührt, er lässt einfach meinen Körper verrückt spielen. Noch immer lächle ich.
»Ja okay, Punkt für dich. Aber ich finde du solltest auch ausgeschlafen sein. « Er lächelt auch, aber in seinen Augen ist auch eine gewisse Ernsthaftigkeit. »Du aber noch mehr, weil du morgen Abend auf dich allein gestellt bist und diese dreckigen Jäger werden nicht immer an der Tür klopfen. Wenn sie dich im Schlaf erwischen. « Er bricht ab und fängt wieder von vorne an. »Ich würde, aber ich kann dich morgen nicht beschützen. Morgen ist es das zweite mal das noch jemand außer mir in der Vollmond Nacht hier ist. Irgendwie beruhigend und beunruhigend zu gleich. « Ich sehe ihn besorgt an. »Es hilft mir aber auch nicht, wenn du wach bleibst. « Ich nehme meine Hand und lasse mich zurück aufs Bett fallen und ziehe ihn so mit. Mit einem breiten Grinsen sehe ich ihn an. »Und außerdem hat es das erste mal mit uns beiden doch auch gut hingehauen. « An den Gedanken daran muss ich noch breiter Grinsen. Es war der erste Tag gewesen an dem ich ihn kennen gelernt habe. Der Anfang zu einem anderen Leben für mich und wahrscheinlich auch für ihn. Raze landet neben mir auf dem Bett und grinst ebenfalls. Meine Schmerzen und Beschwerden sind wie weggeblasen. Auch er scheint an damals zu denken. »Ja, das war der Abend an den dem ich dich gestalkt hatte. « Er sieht mich fragend an. »Zu der Zeit hast du gesagt die Schmerzen bei der Verwandlung lassen nach. Jetzt ganz ehrlich, wie lange hat es bei dir gedauert? « Ich liege neben ihn, halte noch immer seine Hand und habe auch nicht vor sie so schnell los zu lassen. »Ja und du bist mir tierisch auf die Nerven gegangen. « Ich werfe ihn ein flüchtiges Lächeln zu, werde dann aber wieder ernst, als er das mit den Verwandlungen anspricht. »Ganz ehrlich? Ich weiß es nicht. Für mich war die dritte Verwandlung schon nicht mehr sonderlich schmerzhaft, aber ich weiß nicht ob es so war, weil die Scherzen wirklich nachgelassen haben, oder weil ich mich einfach schnell dran gewöhnt habe. « Entschuldigend sehe ich ihn an. »Tut mir leid. Ich bin dir wohl nicht grade eine Hilfe für dich, was? Tut es denn immer noch so sehr weh? « Er nickt leicht. »Ich fühle mich als würde ich in Fetzen gerissen werden und ganz neben bei wird mir jeder Knochen einzeln gebrochen. Besonders schlimm ist es wenn der Kiefer sich ausfährt, es ist eigentlich gar nicht zu beschreiben. « Schmerzlich verziehe ich das Gesicht. Ich kann es nicht ertragen ihn so zu sehen, voller Angst vor dem was kommt. Allein die Vorstellung ihn schreiend, auf dem Boden windend zu sehen macht mich fertig. Ich drehe mich leicht und lege mich richtig hin. Vorsichtig lege ich den Kopf auf seine Brust und lege den Arm um ihn. Ich kuschle mich an ihn und achte dabei auf seine Wunden. Das alles fühlt sich so normal an, als wenn wir nie etwas anderen gemacht hätten. Einfach daliegen und ihn fest halten. »Deine wievielte Verwandlung ist das? « Auch er legt einen Arm um mich, aber vorsichtiger. Wahrscheinlich hat er noch immer Angst mir weh zu tun. »Morgen ist es das fünfzehnte mal. « Laut fange ich an nach zu denken. »Fünfzehn Monate? Also wurdest du nicht als Wolf geboren? « Ich sehe zu ihm auf. »Wie wurdest du zu einem Werwolf? « Neugierig sehe ich ihn an. Er sieht ebenfalls zu mir runter und erwidert meinen Blick. »Ich wurde von einem Tier angefallen und hatte mir nicht sonderlich viel dabei gedacht. Tja und im nächsten Monat hab ich den Mond angeheult. « Ich lege meinen Kopf zurück auf seine Brust. »Hast du es deiner Familie erzählt? « Ich kann spüren wie er den Kopf schüttelt. »Das brauchte ich nicht. Ich wusste ja nicht was passieren wird und hatte deshalb auch keine Vorkehrungen getroffen. Es war der Geburtstag meines Vaters, wir waren beim Essen und auf einmal fing ich an zu schreien und laut meiner Mutter, zu der ich momentan den einzigen Kontakt habe, war ich nach drei quälenden Stunden ein Wolf. Meine Familie ist total ausgerastet und schreiend davon gerannt. « Ich höre die Traurigkeit in seiner Stimme und wie sehr ihn das alles mit nimmt. Auch mir tut es weh.
»Tut mir leid. «, flüstere ich leise. »Ach, es geht. Weist du, meine Mom macht sich immer solche sorgen um mich das sie mich jeden Monat ein Tag nach Vollmond anruft und mich fragt wie es mir geht und das obwohl mein Vater ihr jeden Kontakt zu mir verboten hat. Darauf freue ich mich jeden Monat von neuem. « Ich höre ihm zu und merke wie ein Lächeln meine Lippen umspielt. Es ist schön wenn er jemanden hat, von dem er weiß das er ihn liebt. »Es ist schön, wenn man wenigstens etwas hat an dem man sich festhalten kann, dem man vertrauen schenkt. « Ich spüre wie er mich leicht an sich drückt, als ich das sage. Seine Lippen drücken sich auf meine Stirn. Genüsslich schließe ich die Augen und sofort übermannt mich die Müdigkeit. »Finde ich auch. «, sagt er leise, während er noch immer seine Lippen an meiner Stirn hat. Ich lächle schlaftrunken und murmle noch ein paar letzte Worte ehe ich einschlafe, ohne es wirklich zu realisieren. »Ich liebe dich... «