Kapitel 24 – Das Aufwachen
Ich werde von einem schweren Hustanfall wach. Meine Kehle brennt wie Feuer, mein Körper bebt. Meine Augen fangen an zu tränen. Wo bin ich? Ich spüre etwas Weiches unter mir und nehme einen merkwürdigen sterilen Geruch wahr. Weitere Huster lassen meinen Körper erzittern. Ich versuche mich auf zu setzen und spüre auf einmal eine Hand an meinem Rücken, die mir auf hilft. Ich zucke leicht erschrocken zusammen. Mein Körper beruhigt sich etwas, der Husten lässt nach und eine schmerzende Kehle bleibt zurück. Ich sehe zur Seite und sehe Lucas. Er hat mir geholfen. Die Bilder kommen zurück. Das Blut. Der Biss. Raze. Lucas. Tot. »Luke, es tut mir so leid. « Meine Stimme ist nicht mehr als nur ein Krächzten. Lucas streicht mir sanft übers Haar und sieht mich liebevoll an, selbst nach all dem was ich getan habe. »Es ist alles in Ordnung, bei mir jedenfalls. Wie geht es dir? « Jedenfalls ihm? Ich sehe ihn besorgt an. »Wieso dir? Wie geht es Raze? « Das Reden strengt mich an, bei jedem Wort fährt ein schmerzender Stich durch meine Kehle. Ich bete das Raze nicht tot ist. Was tue ich, wenn ihm etwas passiert ist? Ich wäre Schuld. Wie könnte ich damit leben? Ich übergehe Lucas Frage ob es mir gut geht, denn ich bin jetzt zweitrangig, es geht nicht um mich. Ich bin ein halber Vampir, ich komme wieder auf die Beine, die beiden allerdings erholen sich nicht so schnell. Lucas setzt sich vorsichtig zu mir auf die Bettkante. »Na ja soweit ich weiß hatte er eine Notoperation und sie konnten Herzschlagader und Lunge retten, nur was seine Stimmbänder angeht sind sie sich nicht so sicher. Aber er hat dennoch sehr viel, zu viel Blut verloren. Sie haben ihn in ein künstliches Koma versetzt und hoffen dass er durch kommt. « Er lässt den Kopf hängen und sieht auf seine Hände, die sich in seinem Schoß befinden. »Das ist alles meine schuld. « Er ist schuld? Hat er vergessen was ich getan habe? Ich könnte heulen. Raze Leben hängt am seidenen Faden und ich weiß nicht ob ich ihn je wieder sehe. Ich lasse mich tiefer in die Kissen sinken und schaue an die Decke. Mittlerweile weiß ich, dass ich in einem Krankenhaus bin, aber wie konnten sie uns behandeln? Sie müssen doch bemerkt haben dass wir keine Menschen sind, keine normalen. Ich versuche nicht weiter darüber nach zu denken und sehe Lucas an. »Nein, ich und was ich bin ist schuld daran. « Ich sehe wie er die Stirn in Falten zieht. »Du hast ihm nicht die Flasche in den Hals gerammt, ihm damit die Pulsader durchtrennt und die Luftröhre angeritzt. Du hast nur ein bisschen von ihm getrunken. Wenn er an diesen Verletzungen stirbt, ist es meine schuld. « Ein bisschen getrunken? So nennt er das also. Ich habe ihn ausgesaugt wie ein Trinkpäckchen, jedenfalls soweit ich mich erinnere. »Und warum hast du ihm die Flasche in den Hals gerammt? Wegen mir. « Lucas sieht mir tief in die Augen, lässt mich gar nicht mehr frei. »Nein, weil er psychisch labil ist und ausgetickt ist. Das nennt man Notwehr. Hätte er nicht wie ein Geisteskranker auf mich eingeschlagen dann wäre ich niemals so weit gegangen. «
»Aber wenn ich nicht gewesen wäre, hättest du gar nicht angefangen. « Ich lasse nicht zu das er sich dafür die ganze Schuld gibt. Schließlich passiert das alles nur wegen mir. Ich mache es doch so schrecklich kompliziert. Er schüttelt den Kopf. »Das was ich angefangen habe, habe ich auch wieder beendet. Das er dann auf mich losgegangen ist hatte nichts mit dir zu tun. « Ich muss leicht auflachen. »Ich habe es beendet. « Lucas verdreht die Augen, ihm ist an zu sehen das er die Diskussion satt hat. »Aber auch nur weil du mir gedroht hast. « Ich gebe es auf. Was hat es für einen Sinn wenn wir uns jetzt deswegen streiten? Das hilft niemanden, also zucke ich mit den Schultern.
»Hat wohl geklappt, worüber ich ehrlich gesagt extrem Froh bin. « Ich strecke meine Hand aus und drehe die Fläche nach oben, so dass er sie nehmen kann, was er dann auch tut. »Ich wäre ungern gegangen. «, beende ich es und lächle ihn leicht an. Er beugt sich vor und küsst mich auf die Stirn. »Mir wäre nie im Leben eingefallen weiter zu machen, wenn ich weiß dass du gehst. « Ich drücke seine Hand und verziehe dann leicht das Gesicht. »Mein Kopf tut weh. « Dazu kommt meine Kehle, die in Flammen zu stehen scheint und meine Glieder die bei jeder Bewegung schmerzen. Lucas sieht mich mitfühlend an. »Du hast dir auch ziemlich stark den Kopf angehauen. «
»Ja, kann sein. « Ich muss zugeben das ich mich nicht mehr wirklich daran erinnern kann. Es ist alles so verschwommen und ehrlich gesagt bin ich ganz froh, dass ich nicht mehr alles weiß. Ich höre wie er laut ausatmet und in diesem Moment befällt mich ein merkwürdiges Schwindelgefühl. Alles um mich rum scheint sich zu drehen. Ich klammere mich an seiner Hand fest, in der Hoffnung dass das etwas bringt. »Mir ist schwindlig. « Er sieht mich besorgt an, den Blick mit dem er mich schon so oft angesehen hat. »Immer noch? « Blöd wie ich bin schüttle ich den Kopf, was die Sache nicht grade besser macht. »Nein, erst seit jetzt. « Meine Augen werden so schwer, das ich mühe habe sie auf zu behalten. Der Druck von meiner Hand lässt langsam nach. Ich habe keine Kraft mehr ihn zu halten. Sofort steht er auf, hebt meinen Kopf an und nimmt das Obere Kissen weg, damit ich mich richtig hinlegen kann. »Schließ die Augen und atme tief durch. «, höre ich ihn sanft sagen, während er zum Fenster geht und die Jalousie runter zieht. Ich mache was er mir sagt und schließe die Augen. Ich kann hören wie er den Raum verlässt und ein paar Sekunden später wieder rein kommt, meinen Kopf wieder etwas an hebt und mir ein Gals an die Lippen setzt. »Trink was. « In diesem Moment nehme ich nichts mehr wahr.